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Chancen und Schwächen der Südtiroler Mobilität

Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Es geht um Umweltschutz, egal aus welchen Gründen, ob nun rein wirtschafltich oder wegen des guten Gewissens, ein Umdenken findet statt.

Nachhaltigkeit ist ein Thema, das immer mehr an Bedeutung gewinnt. Die Beweggründe sind verschiedener Natur; ob zum Zwecke des Umweltschutzes, aus wirtschaftlichen Gründen oder ganz pragmatisch des guten Gewissens wegen, ein Umdenken findet in den Köpfen der Bevölkerung, aber auch der Wirtschaftstreibenden statt. Langsam aber sicher will man weg von der Wegwerfgesellschaft, die ungehindert Ressourcen verheizt und die entstehenden Probleme späteren Generationen aufbürden will.

 

 

Ein Aspekt, dem wir nach unserem Artikel über die Kreislaufwirtschaft nun Beachtung schenken wollen, ist die Mobilität. Südtirol ist mit einem relativ gut durchdachten, flächendeckenden Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln und gut ausgebauter Radwege-Infrastruktur bereits ganz vorne mit dabei, doch wenn es nach Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider geht, soll unser Land zur Vorzeige-Region werden, die mit einem Maximum an Effizienz und Nachhaltigkeit neue Wege für andere aufzeigen soll.

Diese Zukunftsvision ist löblich, bis zu ihrer Umsetzung gibt es aber noch einige Hindernisse zu überwinden. Zum einen hat die momentane Krise Schutzmaßnahmen-bedingt die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs eingeschränkt und viele gezwungen, zumindest vorerst wieder auf das Privatauto umzusteigen. Zum anderen zeigt auch das Südtiroler Mobilitätskonzept noch Lücken, die zuerst ausgemerzt werden müssen.

 

Stimmen aus dem Volk

„Stabil Mobil“ lautet der Titel unseres dritten Online-Stammtisches am Dienstag, den 16. Juni von 19:30 bis 21:00 Uhr.  Wie funktionieren Südtirols Nachhaltigkeitsansätze und was braucht es noch? Wie kann effiziente Mobilität in den Alltag integriert werden? Diese und weitere Fragen wollen erörtert und womöglich zufriedenstellend geklärt werden. In Zusammenarbeit mit Green Mobility und Protect Our Winters werden wir versuchen, neue Ansätze aufzuzeigen und die bestehenden Schwächen der Südtiroler Mobilität zu analysieren und Lösungen für mehr Effizienz, Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein zu finden.

Green Mobility will dabei nicht nur über die Köpfe der Bürger hinweg entscheiden, sondern kümmert sich aktiv um die Meinung, Kritikpunkte und Anregungen der Nutzer der Südtirol Mobilität. Deshalb wurde eine großangelegte Online-Umfrage ins Leben gerufen, die einerseits Informationen zur Mobilität der Befragten vor Covid-19 und zur geschätzten Nutzung danach sammeln will, andererseits in einem zweiten Teil zur Nutzung des Fahrrads als nachhaltiges Fortbewegungsmittel für Arbeit und Freizeit befragt. Die Ergebnisse der Umfrage standen zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels noch nicht fest; als Anregung und Beispiel für konstruktive Diskussion zum Thema haben wir uns jedoch unters Volk gemischt und (falls in Person, natürlich mit Sicherheitsabstand) einige Personen zum Thema befragt. Diese kleine Umfrage ist natürlich nicht repräsentativ, ermöglicht jedoch einen stichprobenartigen Einblick in den Mobilitätsalltag der Südtiroler, der nach Auswertung der Green Mobility-Umfrage in größerem, vertiefterem Umfang zur Verfügung stehen wird.

 

Hier nun (in leicht gekürzter, anonymisierter Form) einige Inputs:

Alter – 19
Beruf – Studentin
Bevorzugtes Fortbewegungsmittel im Alltag – Fahrrad wo irgendwie möglich; Zug um zum Studienort und zurück zu kommen

Wie sieht deine persönliche Mobilität aus? Legst du Wert auf Nachhaltigkeit?
Absolut. Alles unter 20km Entfernung wird auf dem Fahrrad zurückgelegt, kürzere Strecken auch gern zu Fuß. Öffis nutze ich außer für lange Strecken recht wenig. Ich mag die Bewegung an der frischen Luft und die gesundheitlichen Vorteile des Fahrradfahrens. Dass es zudem gut für die Umwelt ist, freut mich natürlich. Ich bin keine Greenpeace-Tante aber man tut was man kann.

Gibt es Kritikpunkte oder Verbesserungsvorschläge?
An den Öffis wenig, da ich sie selten nutze. Was mir beim Zugfahren halt auffällt sind die Stoßzeiten. Letzten Sommer ist es nicht nur einmal vorgekommen, dass am Meraner Bahnhof Richtung Mals abends ein einzelner Zug stand und sich gefühlte 300 Menschen versucht haben, oft mit Gewalt, hineinzuquetschen. Über die Hälfte davon musste dann natürlich auf den nächsten warten. Ein paar Tage drauf, am Vormittag wo 3 Leute über Kreuz gewartet haben, fuhr eine Doppelgarnitur, die zu 80% leer war. Sehr intelligent.

Zur Fahrradinfrastruktur könnte ich jetzt eine Stunde reden und das nicht nur positiv, aber man merkt halt dass vieles auf Touristen ausgelegt ist und weniger auf Einheimische die nur von A nach B kommen wollen. Und die meisten Autofahrer haben wenig bis keinen Respekt, vor allem in der Stadt. Wenn ich mal drei Mal am selben Tag an derselben Stelle von einem Auto geschnitten werde, obwohl ich mich an die Verkehrsregeln halte, platzt mir auch der Kragen.

Hast du nach der Krise vor, in deiner täglichen Mobilität etwas zu ändern?
Nicht wirklich, ich tue mit oder ohne Corona bereits mein Möglichstes. Die Elektrifizierung der Bahn macht halt das bisschen Zugfahren dann noch nachhaltiger denke ich? Kommt darauf an wie der Strom erzeugt wird. Oh, und ich arbeite auch daran, meine Kondition beim Fahrradfahren noch zu verbessern. Vielleicht schaffe ich irgendwann die ca. 130km zu meinem Studienort, ohne danach tot umzufallen (lacht).

 

Alter – 47
Beruf – Handwerker
Bevorzugtes Fortbewegungsmittel im Alltag – beruflich Firmenlaster, privat Familienauto

Wie sieht deine persönliche Mobilität aus? Legst du Wert auf Nachhaltigkeit?
Es geht. Unser neuer Firmenlaster ist Euro 5 (der alte war ein wilder Stinker) und mein privates Auto ein sehr sparsamer Benziner, zählt das? Ich spiele mit dem Gedanken mir irgendwann nächstes Jahr einen Hybriden zu kaufen. „Richtiges“ Elektroauto möchte ich noch keines, so lange nicht großflächig Aufladestationen vorhanden sind.

Gibt es Kritikpunkte oder Verbesserungsvorschläge?
Ich nutze persönlich keine Öffis und kein Fahrrad, ich höre halt oft von meinen Kindern, dass die SAD und die SASA es oft mit den Zeiten nicht so genau nehmen und die Züge und Busse oft kaputt gehen.

Hast du nach der Krise vor, in deiner täglichen Mobilität etwas zu ändern?
Den Hybriden kaufen, wie gesagt (denkt nach), sonst weiß ich noch nicht. Mit der Krise hat das aber ehrlich gesagt wenig zu tun, den Plan habe ich schon seit Mitte 2019.

 

Alter – 15
Beruf – Schüler
Bevorzugtes Fortbewegungsmittel im Alltag – Öffis, Fahrrad, Bruders Auto

Wie sieht deine persönliche Mobilität aus? Legst du Wert auf Nachhaltigkeit?
Geht so. Ich bin zu jung für ein Auto, fahre oft mit dem Fahrrad, weiter weg oder wenn ich zu faul bin bringt mich mein Bruder mit seinem Auto. Der fährt eh gerne, der mag seinen Golf mehr als seine Freundin! Zug oder Bus eher wenig, vor Corona zur Schule nach Meran und wieder nach Hause halt weils nicht anders ging.

Gibt es Kritikpunkte oder Verbesserungsvorschläge?
(lacht) Wenn ich jetzt kurz fluche, schreibst du das dann auch? (Anm. d. Autors: Lieber nicht.) Ernsthaft, Zugfahren mag ich nicht. Am Morgen geht’s eh aber nachmittags ist besonders wenn Touristen da sind alles vollgestopft und viel Lärm und schlechte Luft und alles Mögliche. Furchtbar. Ich hoffe wenn der elektrische Zug kommt können sie noch 5 Waggon dranhängen dann hab ich meine Ruhe. Zum Fahrradfahren habe ich wenig zu sagen, ich bike eigentlich viel mehr auf dem Berg als auf der Straße. Aber bis auf ein paar blöd gemachte Straßenübergänge ist der Radweg scheinbar ganz in Ordnung was ich so höre.

Hast du nach der Krise vor, in deiner täglichen Mobilität etwas zu ändern?
Ich werd den Platz im Zug vermissen, jetzt wo jeder zweite abgesperrt ist wirkt‘s ganz nett. Irgendwann den Führerschein machen werde ich auch denke ich. Pendeln mit dem Fahrrad ist viel zu weit und Zug mag ich wie gesagt nicht besonders. Ich würd mir gern einen riesigen Ami-Jeep kaufen aber die saufen 30 Liter und töten die Umwelt, also wird’s wohl etwas Kleineres. Elektro könnte ich mir vorstellen, aber nur wenns trotzdem ordentlich Gas gibt!

 

Alter – 33
Beruf – Büroangestellte
Bevorzugtes Fortbewegungsmittel im Alltag – zu Fuß, ganz ganz selten Auto

Wie sieht deine persönliche Mobilität aus? Legst du Wert auf Nachhaltigkeit?
Ja schon. Nicht gezielt, aber ich arbeite zwei Straßen weiter von meiner Wohnung, da gehe ich zu Fuß, einkaufen und einen Großteil der anderen Besorgungen kann ich ebenfalls in Gehweite erledigen. Da brauche ich weder Auto noch Öffentliche noch sonst etwas. Die wenigen Male, die ich weiter weg muss (zum Doktor oder spezielle Einkäufe die ich hier vor Ort nicht kriege) nehme ich das Auto meines Vaters. Das ist zwar muss man zugeben eine alte Rostschleuder aber sie tut ihren Dienst und ich nehme sie ja so wenig wie möglich.

Gibt es Kritikpunkte oder Verbesserungsvorschläge?
Gut ausgebautes Carsharing auch in ländlicheren Gebieten wäre interessant, mir gefällt das Konzept auch wenn ich es selbst eher selten brauchen würde. Und vielleicht finanzielle Unterstützung beim E-Bike-Kauf. Ich wollte mir schon lange eines kaufen, weil ja überall dafür geworben wird und es echt praktisch wäre für längere Fahrten wo es das Auto vielleicht noch nicht braucht, aber ich bin alleinerziehende Mutter von 2 Kindern, ich habe keine 3000-5000€ übrig. Und so ein Billigmodell um ein paar Hundert (die ich zudem auch nicht habe) geht schnell kaputt und kostet auch wieder mehr Reparaturkosten usw.

Hast du nach der Krise vor, in deiner täglichen Mobilität etwas zu ändern?
Ich denke, ich werde versuchen, noch mehr auf das Auto zu verzichten. Inzwischen geht das Auto meines Vaters immer mehr kaputt und er hat in seinem Alter keinen Bedarf sich ein neues zu kaufen. Ich mir persönlich sowieso nicht. Ob ich dann eher in Richtung Öffis gehe oder etwas anderes, wird sich zeigen.

Green Economy, Nachhaltigkeit
08.06.2020