Geselliger Trubel, aber auch Innovation war in der ersten Juliwoche wieder einmal bei uns in Schlanders angesagt. Mit unserer Gastgeberrolle für das Alpine Changemaker Basecamp 2023 konnten wir zwei unserer (vielen) Leidenschaften kombinieren: Nachhaltige Projekte am Puls der Zeit und lachende, fröhliche Menschen in jedem Raum der BASIS. Bei einem Namen wie „Alpine Changemaker Basecamp“ denken viele Leser jetzt vielleicht ans Bergsteigen. Mit den Errungenschaften von Messner, Kammerlander und Co. hat dieses 5-tägige Event aber nur wenig zu tun (auch wenn es bei einem Projekt zufällig ums Klettern geht!). Dafür aber sehr viel mit dem Bestreben, jungen ambitionierten Menschen aus dem ganzen Alpenraum die Werkzeuge und Skills an die Hand zu geben, um sich für den Alpenraum einzusetzen.
Aber alles der Reihe nach:
Changemakers of the (alpine) world, unite
Nach dem Erfolg des 1. Alpine Changemaker Basecamps im Sommer 2021, damals abgehalten in Valposchiavo in der Schweiz, war es nur eine Frage der Zeit, bis eine zweite Ausgabe folgen würde. 2023 luden das Alpine Changemaker Network, CIPRA und weitere Partner (dazu mehr weiter unten) erneut zur fünftägigen Zusammenkunft innovativer und visionärer junger Köpfe aus dem gesamten Alpenraum, sprich Italien, DACH-Raum, Frankreich, Slowenien, Liechtenstein und relevante angrenzende Gebiete. Einzige Zugangsvoraussetzungen für den Aufruf: 18 bis 30 Jahre alt, aus den genannten Breiten stammend, und vor allem mit einer innovativen Idee und einem Projektkonzept für gutes, nachhaltiges Leben im Alpenraum gerüstet. Wie zu erwarten gab es eine Menge interessierte Bewerber:innen, von denen sich schließlich insgesamt 18 vom 03.07. bis 07.07.23 bei uns in der BASIS in Schlanders einfanden.
Wie ist so ein Basecamp nun eigentlich genau zu verstehen? Kurz gesagt beinhaltet es alles, was die Teilnehmenden zur Ausarbeitung ihrer jeweiligen Projekte gebrauchen konnten, garniert mit einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm. Begleitet wurden die Changemaker nämlich von einer Reihe an erfahrenen Mentor:innen aus verschiedenen Bereichen – einige davon vorherige Teilnehmer des ACB –, die ihre Erfahrung, Techniken, Tipps und Tricks gern weitergaben. Darunter übrigens auch unsere Mitarbeiterinnen Magda Tumler und Ghali Egger und unser externer Mitarbeiter Luca Daprá!
Allerdings fand diese Weitergabe natürlich nicht in trockenem Frontalunterricht statt, ganz im Gegenteil. Inputs mit der ganzen Truppe oder in kleineren Arbeitsgruppen, Einzelcoachings mit den Mentor:innen je nach Bedarf, Austausch auf Augenhöhe der Teilnehmenden untereinander und selbstorganisiertes Arbeiten und Präsentieren der Resultate wurden eingesetzt, um einerseits die Projekte inhaltlich voranzubringen, aber auch den Changemakern generelle wertvolle Techniken und Skills zu vermitteln, die ihnen in Zukunft bei all ihren Unternehmungen nützlich sein können und ihnen helfen, ihre Ideen auszuarbeiten und umzusetzen.
Da man bei so viel intensivem Lernen auch zwischendurch einmal entspannen und abschalten muss, blieb noch mehr als genug Zeit für das gegenseitige informelle Kennenlernen, spannende (durchaus auch fachfremde) Diskussionen und gemeinsame tolle Erlebnisse, nicht wenige davon kulinarischer Natur. Mit unseren Mitarbeiterinnen Ghali Egger und Magda Tumler als Hosts und der tatkräftigen Unterstützung des gesamten Teams sollte es den Teilnehmenden an nichts fehlen, und ihr lautstark positives Feedback vor der Abreise über die BASIS als Austragungsort spricht Bände darüber.
Was soll man sich nun unter den besprochenen Projekten vorstellen? Sie alle detailliert aufzulisten würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, doch kann man sich denken, dass die beiden Vorgaben „Nachhaltigkeit“ und „Alpenraum“ viel Spielraum lassen. Eine Biketour quer durch die Alpen, deren Etappen anstatt knackiger sportlicher Höchstleistung den Fokus auf Initiativen zur Klimakrise legen; die Sanierung und öffentlich zugängliche Wiederinbetriebnahme einer alten Wasserradmühle in Norditalien; ein Projekt zum nachhaltigeren Klettern mit weniger Eingriffen in die Natur; Rückbesinnung auf alte Bewässerungstechniken (was den Vinschgau, Stichwort Waale, ja als Austragungsort besonders prädestiniert) oder Sensibilisierung der Bevölkerung für eine nachhaltigere Landwirtschaft. Diese und noch viele weitere Ideen, manche in der Konzeptphase, manche bereits spruchreif auf der Suche nach Optimierung, wurden intensiv diskutiert und behandelt und in Zusammenarbeit mit den Mentor:innen einen großen Schritt weiter in Richtung Realisierung gebracht.
Lehrreiches auch für die Veranstalter
Nun ist das Basecamp nicht nur eine gute Gelegenheit für die Teilnehmenden, sehr viel dazuzulernen, sondern auch für die Organisator:innen selbst. Trotz des herausragenden Erfolgs der ersten beiden Basecamps gibt es immer noch Luft nach oben, wie die Unterstützung der Nachhaltigkeit im Alpenraum im Allgemeinen und von innovativen jungen Projektentwicklern im Speziellen noch verbessert werden kann, und die Ergebnisse und Einblicke aus diesen fünf Tagen werden von einer eigens ins Leben gerufenen Reflexionsgruppe aus diversen wissenschaftlichen Institutionen und anderen Einrichtungen ausgewertet. Sie begleitet die Konzeption, die Entwicklung, die Durchführung der Camps und die Verbreitung der Ergebnisse und führt(e) währenddessen und abschließend eine Evaluierung durch. So konnte auch das ausrichtende Netzwerk nicht erst im Nachhinein, sondern bereits während des Camps lernen, reflektieren und Abläufe anpassen. Dazu zählen:
– EURAC, Bozen (Südtirol)
– Educ’alpes, Gap (Frankreich)
– Ständiges Sekretariat der Alpenkonvention, Innsbruck (Österreich)
– Regionalentwicklung Vorarlberg Regio-V, Dornbirn (Österreich)
– Urner Institut Kulturen der Alpen, Universität Luzern (Schweiz)
– Zürcher Hochschule der Angewandten Wissenschaften ZHAW Forschungsbereich Tourismus und Nachhaltige Entwicklung, Wergenstein (Schweiz)
– Bibliothek Kamnik (SIowenien)
Stichwort Veranstalter: Das Basecamp ist die Vorzeige-Aktion der beteiligten Organisationen, um den nachhaltigen Wandel des Alpenraums voranzubringen. Aber wer oder was sind sie überhaupt? Gut dass ihr (rhetorisch) fragt, liebe Leser:innen, denn auch dazu haben wir noch jede Menge Infos:
So viele Akronyme: ACN, CIPRA & Co.
Wie erwähnt ist das Basecamp nur eine von vielen Facetten des Einsatzes des Alpine Changemaker Networks und seiner Partner für einen nachhaltigeren, lebenswerteren Alpenraum. Da vielleicht nicht alle, die diesen Blogartikel gerade vor sich haben, davon gehört haben oder sich etwas darunter vorstellen können, haben wir uns erlaubt, auch ein wenig „herauszuzoomen“ und die Initiativen und Organisationen hinter dem Basecamp ein wenig zu beleuchten.
Alpine Changemaker Network
Allen voran das Netzwerk, das dem Basecamp seinen Namen leiht. Das Alpine Changemaker Network ist ein internationales Team aus NGOs, Wissenschaft, sozialer Innovation und Regionalentwicklung. Grundsatz und Leitmotiv ist es, die Gemeinschaft im Alpenraum zu stärken und eine Vision der Alpen als florierendes Ökosystem zu verfolgen, das ein attraktives Leben für uns und zukünftige Generationen bietet. Das ACN vereint nahtlos regional verankertes Wissen, Methoden sozialer Innovation, wissenschaftliche Lehr- und Forschungskompetenzen, effizientes Projektmanagement und vieles mehr. Das Motto des ACN ist zusammenarbeiten, teilen und lernen! Das transnationale und transdisziplinäre Netzwerk will Bildung, Forschung und Entwicklung, praktisches Handeln und soziale Innovation in und zwischen den Alpenregionen fördern und stärken und überwindet dabei Länder- und Sprachgrenzen, institutionelle Barrieren und starre Kulturen des Denkens und Handelns. Ziel ist es, ein Milieu zu schaffen, das „Alpine Changemaker“, also Menschen mit Visionen für den Alpenraum, als Treiber des Wandels fördert.
Den Alpen verschrieben: CIPRA
Die Partner des Netzwerks sind durchwegs als gleichwertig zu betrachten, weshalb die Hervorhebung der CIPRA hier nicht als wertend aufgefasst werden sollte; jedoch ist diese seit nunmehr über 70 Jahren bestehende Organisation ohne Zweifel inzwischen ein geflügeltes Wort im historischen wie aktuellen Feld des Schutzes und der nachhaltigen Entwicklung des Alpenraumes und bedarf als solches etwas mehr Infos.
Gegründet wurde die CIPRA (abgeleitet von den Anfangsbuchstaben der französischen Bezeichnung „Commission Internationale pour la Protection des Régions Alpines“, dt. Internationale Kommission zum Schutz der Alpenregionen) 1952 als Zusammenschluss von Forschenden aus mehreren Bereichen, die sich gegen die Zerstörung und den Verbau des Alpenraumes (zu industriellen, intensiv landwirtschaftlichen oder touristischen Zwecken) aussprachen und dies in effektiver, organisierter Form zu tun gedachten. Mit Hauptsitz in Schaan in Liechtenstein und Büros in allen Ländern des Alpenraumes (übrigens auch in Südtirol!) bringt sie seitdem Menschen und Organisationen über sprachliche, kulturelle, geografische und politische Grenzen hinweg zusammen, die sich für die nachhaltige Entwicklung in den Alpen einsetzen; seit 1975 offiziell als Dachorganisation für inzwischen über 100 Verbände, Organisationen und Personen.
Dabei ist nicht nur Information und Aufklärung das Gebot der Stunde, denn die CIPRA wirkt aktiv darauf hin, der Alpenpolitik auf internationaler Ebene mehr Gewicht zu verleihen. Ein Meilenstein war 1991 z.B. die Unterzeichnung der Alpenkonvention. Die CIPRA sitzt in deren Gremien als offizielle Beobachterin, liefert Ideen und Diskussionsgrundlagen und nimmt, oft gern kritisch, Stellung zu Positionen, Strategien und Aktionsplänen. Damit nicht genug. Gründung und laufendes Projektmanagment und -durchführung des Gemeindenetzwerks „Allianz in den Alpen“ und des Vereins „Alpenstadt des Jahres“ gehören ebenso zum Aufgabenbereich wie die Herausgabe des mehrsprachigen alpenweiten Newsletters alpMedia, der regelmäßig Neuigkeiten, Informationen und Veranstaltungshinweise aus allen Alpenländern bündelt und zugänglich macht.
Grundsätzlich lässt sich sagen: Die CIPRA animiert andere zum Handeln. Im Rahmen von Projekten zeigt sie auf, wie es geht: ein Haus bauen, das mehr Energie produziert als es verbraucht; Korridore schaffen, damit Tiere und Pflanzen wandern und sich vermehren können; das Klima schützen und sich an den Klimawandel anpassen, ohne der Natur zu schaden. Lernen von und mit anderen, so lautet die Devise, und diese wird jeden Tag aufs Neue gelebt.
Wertvolle Unterstützung aus allen Bereichen
Wie eingangs erwähnt, ist die CIPRA aber bei weitem nicht die einzige, die sich aktiv im ACN engagiert. Viele weitere Partner liefern ihre Expertise, Ressourcen und Inputs, um das Netzwerk zu bereichern. Diese sind, neben vielen kleineren Kooperationen und Helfern:
– Berner Fachhochschule, vertreten durch den Master Regionalmanagement in Gebirgsräumen (Schweiz)
– Universität Liechtenstein, vertreten durch das Institut für Architektur und Raumentwicklung (Liechtenstein)
– Bayerische Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege, Bildungs- und Forschungseinrichtung für einen modernen Naturschutz und innovative Umweltbildung (Deutschland)
– Polo Poschiavo, Kompetenzzentrum für Weiterbildung und die Begleitung von Entwicklungsprojekten (Schweiz)
– Scuola per il Governo del Territorio e del Paesaggio step, Trentino School of Management tsm (Italien)
– last but certainly not least auch BASIS, der Social Activation Hub mit dem Fokus auf regionale und gesellschaftliche Entwicklung in den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Bildung und Soziales, bei uns hier in Schlanders (Südtirol)
Zudem wurde der Aufbau des Netzwerks und die Konzeption der Basecamps von der pancivis-Stiftung und dem deutschen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) gefördert und die Umsetzung von der Mercator-Stiftung Schweiz
Hörbare Alpen
Noch viel mehr Infos zum Basecamp, aber auch zu vielen anderen Themen rund um die Alpen, präsentiert im ansprechenden Format, gibt es zum Nachhören im CIPRA-Podcast, gestaltet und kuratiert von Michael Gams. Die Folge zum Thema ACB erscheint bald im August; um die Wartezeit etwas zu verkürzen könnt ihr euch HIER inzwischen die bisherigen Folgen zu Gemüte führen!
Fazit:
Wir können zweifelsfrei sagen: Es hat uns sehr gefreut, die Changemaker bei uns zu haben. Natürlich, ganz im Sinne unserer Leitsätze, um einen Beitrag zur positiven nachhaltigen Entwicklung im Alpenraum zu leisten, doch waren es auch zwischenmenschliche Momente und der rege Austausch zwischen Teilnehmenden, Mentor:innen und unseren Mitarbeitern, Coworker:innen und anderen BASIS people, die uns begeistert haben. Rundum eine turbulente, aber sehr zufriedenstellende Woche!
Apropos BASIS people: Der Verein BASIS Vinschgau Venosta freut sich jederzeit über neue Mitglieder, ob interessierte Privatpersonen, Kunstschaffende, Handwerker oder Unternehmen. BASIS und seine Mission lebt von der vielfältigen Community, die uns umgibt, und wer sich, auch ohne Mitgliedschaft, auf die eine oder andere Weise einbringen möchte, ist jederzeit herzlich willkommen! Kommt vorbei oder lasst von euch hören unter hoi@basis.space!
Fotos: © CIPRA International